Demenz - eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Demenz entwickelt sich vor unseren Augen zu einer bedeutenden sozialen, politischen, ökonomischen und humanitären Herausforderung der kommenden Jahrzehnte. Das ist von den Bürgerinnen und Bürgern, ist in den Kommunen, ist in Deutschland und in Europa noch nicht begriffen.
Im Gegenteil: die Entwicklungen in unserer näheren und ferneren Umwelt sind eher durch Vereinzelung und das Zerbröckeln sozialer Milieus gekennzeichnet. Soziale Milieus, in denen Menschen mit Demenz gewissermaßen „natürlich" aufgehoben wären, schmelzen weg. Es genügt nicht, dass Kommunen ein paar „Maßnahmen" ergreifen, um die Versorgung von Menschen mit Demenz zu verbessern. Die Demenz fragt uns dringlich nach einem Neuanfang in den sozialen Beziehungen der modernen Bürgerinnen und Bürger untereinander.
Teilhabe statt Ausgrenzung
Die Medikalisierung des Demenzphänomens muss durch ein Stück „Resozialisierung" des Phänomens aufgefangen und korrigiert werden. In einer aktuellen Untersuchung von Ärzten des Rush Medical Center in Chicago wurde festgestellt, dass ein verlässlicher Freundeskreis und regelmäßige Kontakte zu Angehörigen die klinischen Zeichen einer Alzheimer-Demenz verhindern kann.
Angesichts spürbar zunehmender Belastungen ist es zudem wichtig zur Kenntnis zu nehmen, dass bereits heute von Angehörigen, Nachbarn, Freunden und Freiwilligen in der Betreuung von Menschen mit Demenz eine bedeutende kulturelle Leistung erbracht wird, die von unschätzbarem humanitärem Wert ist und zugleich die Gemeinschaft von hohen sozialen und finanziellen Kosten entlastet. Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz zu agieren heißt deshalb zuerst: Exklusionen vermeiden.
Demenzfreundliche Kommune
Dies hat zur Forderung der Aktion Demenz nach „Demenzfreundlichen Kommunen" geführt: Gemeint ist damit ein Gemeinwesen, in dem es sich mit und für Menschen mit Demenz und ihre/n Familien gut leben lässt und in dem Teilhabe gelebte Wirklichkeit ist. Der Begriff Kommune dient in diesem Zusammenhang als Sammelbegriff für Gemeinden, Landkreise, Städte, Dörfer, Nachbarschaften und Gemeinschaften.
Ohne die Politik aus ihrer diesbezüglichen Verantwortung zu entlassen ist jedoch festzustellen, dass eine wirkliche Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenz nur dann gelingen kann, wenn in den Städten und Gemeinden Formen einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme entwickelt und gelebt werden. Die Kommune ist der Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger, politische Entscheidungsträger sowie andere vor Ort befindliche gesellschaftliche Akteure ihr Gemeinwesen ein Stück weit neu erfinden müssen. Durch Aufklärungsarbeit, gezielte Aktionen und Veranstaltungen, Austausch zwischen den Generationen und Professionen, nachbarschaftliche Hilfe und bürgerschaftliches Engagement soll es gelingen in Deutschland demenzfreundliche Kommunen zu schaffen.
„Wie verwandeln wir unsere Dörfer, Städte und Gemeinden in Orte, die ein besseres Leben mit Demenz ermöglichen?" Mit diesem Aufruf zur Schaffung demenzfreundlicher Kommunen ist es gelungen, an einer Reihe von Orten in Deutschland regionale Initiativen anzuregen oder bereits vorhandenes Engagement zu identifizieren.
Es ist dabei nicht die Absicht der Aktion Demenz, eine allgemeingültige Antwort auf die Frage zu geben, wie eine demenzfreundliche Kommune aussieht und wie sie zu erreichen ist. Es geht darum zu eigenen kreativen und passgenauen Ideen anzuregen und zu verdeutlichen, dass Kommunen, die sich der Herausforderung Demenz stellen, an einer lebenswerteren Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger arbeiten.