Diskussion mit Vertretern aus der Politik – Dr. M. Raab, Bürgermeister der Stadt Esslingen
Burkhard Plemper: [...] Wir haben uns überlegt, dass wir die kommunalen Vertreter, die Dezernentin und die Bürgermeister der umliegenden Städte hier zusammen auf die Bühne bitten, damit wir sie nicht einzeln nacheinander abfragen. Bei mir sind Dr. Markus Raab von der Stadt Esslingen und Christoph Bolay, Oberbürgermeister der Stadt Ostfildern. Herr Dr. Raab, Sie sind Bürgermeister für Ordnung, Sozial-, Kultur-, Schul- und Sportwesen - ich glaube, da bleibt sonst nicht mehr viel anderes übrig. Das sind doch wahrscheinlich die zentralen Stellen, die auch angesprochen sind, wenn es um das Thema Demenz in der Kommune geht, oder? Haben Sie damit Berührungspunkte?
Markus Raab: Ja sicher, wie Sie jetzt meine Stelle sozusagen umschrieben haben, da geht es eigentlich um das bürgerschaftliche Leben insgesamt. Und damit ist die Frage der Teilhabe angesprochen, eben auch derjenigen, die an einer Demenz erkrankt sind beziehungsweise insgesamt das Thema der demographischen Entwicklung - die Frage also, was an gesellschaftlichen Herausforderungen auf uns zukommt. Im Moment haben wir ja ein bisschen in der Politik, in der Sozialpolitik, eine Verengung auf den Bereich der vorschulischen und schulischen Betreuung und auf das Thema Ganztagesschule. Würden Sie heute dazu einen Kongress abhalten und ich würde darum bitten, dass sich alle Politiker, die im Raum sind, zu erkennen geben, dann würden ganz sicher viele Hände nach oben gehen. Wenn ich diese Frage hier stelle: ich habe nicht viele Politiker hier im Raum gesehen. Das zeigt, dass es notwendig wird, auf dieses Thema deutlich aufmerksam zu machen, denn in wenigen Jahren wird es ein zentrales Thema der Politik und auch der Gesellschaftspolitik insgesamt sein.
Burkhard Plemper: Gehören Sie zu den Gemeinden, in denen man versucht hat zu berechnen, was auf Sie zukommen wird? Können Sie sagen, wir haben soundsoviele Dreißigjährige und in 50 Jahren sind die 80, das ist ja nun nicht weiter schwierig. Haben Sie da ein Bild und planen Sie danach?
Dr. Raab: In der Tat, die Berechnung ist natürlich nicht schwierig, sondern die Frage ist: Was folgt daraus? Wir haben aus dem Grund einen Plan erstellt, in dem wir u.a. versucht haben, Zukunftsaufgaben zu beschreiben. Aber es geht natürlich darum, sie auch anzugehen und zu dotieren. Und deshalb ist es immer noch wichtig, dass man dafür schlichtweg Werbung macht und aufmerksam darauf macht, dass das wirklich ein politisches Zukunftsthema ist. Und dann erst wird auch die Dotierung gelingen.
Burkhard Plemper: Bei Sozialdezernenten habe ich oft den Eindruck, Sie möchten das gerne berechnen und dann wissen, was auf sie zukommt, aber das Leben ist ja manchmal auch so unberechenbar. Wie flexibel sind Sie denn dann da auch, etwas aufzugreifen, was Strömung ist, wenn die Leute sagen: die wollen da jetzt noch fünf neue Heime planen, aber die wollen wir gar nicht - abgesehen davon, dass sie sie gar nicht bezahlen können. Wenn die Leute sagen: das wollen wir nicht, sondern wir wollen es anders, wir wollen, dass das die Aufgabe der Gesellschaft insgesamt ist.
Dr. Raab: Es ist ja nicht so, dass die Planung ganz abstrakt verläuft. Es ist ja nicht so, dass jetzt meinetwegen zwei Beamte zwei Jahre an einem Plan sitzen und dann stellt man den dem Gemeinderat vor und der sagt: Der ist aber schön und dann kommt der nächste Tagesordnungspunkt. Vielmehr ganz im Gegenteil und auch ganz konkret: Wir haben hier zum Beispiel einen Stadtteil, ein Wohngebiet aus den fünfziger Jahren, da gibt es natürlich einen erheblichen Mieterwechsel, einen Wechsel in der Bevölkerung und dort stellt sich jetzt die Frage „Wie sieht die jetzige Bevölkerung dort aus und was müssen wir tun, Stichwort Nahversorgung, Infrastruktur, anderer Zuschnitt von Wohnungen - und das machen wir dort natürlich in der Diskussion mit der Bevölkerung selbst.