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Gabriele Post (Geschäftsführerin der Karstadt-Filiale in Esslingen): „Das Thema Offenheit ist wichtig“

Sabine Reinhold: Für die Wirtschaft steht jetzt neben mir Gabriele Post. Sie ist seit 10 Jahren Filialgeschäftsführerin bei Karstadt in Esslingen. Das Tätigkeitsfeld, das sich hinter dieser Position verbirgt, ist natürlich Mitarbeiterführung, Qualifizierung und Umsetzung von kundengerechten Serviceleistungen, - und das berührt natürlich unser Thema. Wie gehen denn Mitarbeiter um damit, wenn sich in ihrem Kundenfeld etwas verändert? [Gabriele Post hat im Vorfeld Frau Reinhold berichtet, wie sie zum Thema Demenz gekommen ist - S. Rheinhold bittet, dies dem Publikum zu erzählen].


Foto9_PostGabriele Post: Ja, herzlichen Dank. Also, ich habe ganz interessiert zugehört und ich möchte auch nochmals auf Frau Eisfeld zurückkommen. Sie sagte ja, sie hat Absprachen gemacht mit Gaststätten. Ich kann von meiner Seite berichten, wir haben auch Berührungspunkte. Wir haben eine Mitarbeiterin, die schon lange in Rente ist, jahrelang bei uns gearbeitet hat. Ihr Mittelpunkt war eigentlich unsere Karstadt-Filiale, sie besucht uns, mindestens drei bis vier Mal die Woche ist sie bei uns. Sie braucht das, das ist die Freude, die sie hat. Sie kauft dann auch ein, über die Maßen, und immer das Gleiche - das sind in diesem Fall besonders Handtaschen, die sie kauft. Die Mitarbeiter kennen sie natürlich - ja, da ist eben das Thema Offenheit so wichtig ...

Sabine Reinhold: Was machen Sie da?

Gabriele Post: Wir tauschen's natürlich um, weil das bringt ja nichts, dass sich zu Hause die Handtaschen stapeln. Aber es ist ihre Freude, sie kommt sehr oft zu uns, sie kauft ein, unsere Mitarbeiter kennen sie und wir wissen das, aber wir haben auch die Gespräche geführt mit den Angehörigen. Die Angehörigen sind auf uns zugekommen, und deshalb ist auch das Thema Offenheit auch so wichtig, darüber zu reden. Wir haben gesagt: Okay, dann suchen wir nach gemeinsamen Lösungen. Ich freue mich natürlich, wenn ich viel verkaufe, aber es bringt in dem Moment nichts, wenn es die einzige Freude einer ehemaligen Mitarbeiterin ist, nochmals den Kontakt in dem Warenhaus zu haben, das Leben im Warenhaus zu beobachten und natürlich auch einzukaufen. Wir versuchen natürlich, dass unsere Mitarbeiterinnen schon vorher darauf eingehen, aber wir sind da ganz pragmatisch und sagen „Gar keine Frage, kommen Sie eben alle zwei oder drei Wochen und tauschen alles wieder um - überhaupt gar kein Thema. Aber es ist eben wichtig, darum zu wissen.

Sabine Reinhold: Also das ist sozusagen eine Lösung mit einer ehemaligen Mitarbeiterin, aber ist es eine Lösung für ein Unternehmen? Was macht Karstadt, das ist ja kein kleiner Einzelhändler? Gibt es größere Schulungsangebote? Gibt es Überlegungen, wie Sie mit einem solchen anwachsenden dementen Kundenkreis umgehen?

Gabriele Post: Also jetzt speziell auf das Thema nicht, aber wir sind natürlich ein serviceorientiertes Unternehmen, und Service gehört eben einfach dazu, offen in Gesprächen mit den Kunden darauf einzugehen, was können wir für sie tun und wenn das ein Thema ist, ist das wichtig und wir besprechen es. Wir haben natürlich auch Schulungen, was haben wir für Nöte, was passiert auf der Fläche, und wir können ja nicht die Schulung von oben auf ansetzen, sondern es kommt ja von dem Kunden: Was erwarten wir denn von einer Filiale, von einem Warenhaus, von der Wirtschaft? Und da müssen wir hinhören, das tun wir, und da werden wir natürlich dann auch einschreiten.

Sabine Reinhold: Tun sich Ihre Mitarbeiter schwer damit oder verlangen sie sogar Schulungen?

Gabriele Post: Nein, sie gehen da ganz offen damit um - Sie verlangen auch danach. Sie fragen mich, wir diskutieren das, wie gehen wir da letztendlich damit um, damit wir auch alle ein Stück Sicherheit damit haben, weil es für eine Mitarbeiterin auch nicht immer einfach ist, das zu entscheiden, darf ich diese Umtäusche so entgegennehmen und so weiter ... nein sie verlangen es, sie kommen auf uns zu, wir diskutieren es und wir wollen, dass es auf der Fläche auch so gelebt wird.

Sabine Reinhold: Herzlichen Dank! Und wir wünschen Ihnen und uns, dass es weiter solche Lösungen gibt. [Applaus]